Matthis @ Real Scientists DE
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Das deutschsprachige @RealScientists. Echte Wissenschaft von echten ForscherInnen, AutorInnen, KommunikatorInnen, KünstlerInnen... Diese Woche: @matthiskrischel.bsky.social
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Zw den Prinzipien können Konflikte entstehen, zB wenn der Patient nach Aufklärung nicht die von der Ärztin als beste empfohlene Therapie möchte, etwa aus Angst vor Nebenwirkungen. Soll die Ärztin den Pat zur besseren Therapie "bequatschen" (Wohltun) oder seine Entscheidung akzeptieren (Autonomie)?
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Die vier Prinzipien sind Respekt vor der Autonomie des Patienten, Wohltun, Nicht-Schaden und Gerechtigkeit. Die Prinzipien sind grundsätzlich gleichberechtigt, keines wiegt schwerer als die anderen.
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Aus medizinischen Traditionen und Berufserfahrungen von Personen im Gesundheitssystem wurden vier Prinzipien entwickelt, die spezifisch genug für medizinethische Fragen und gleichzeitig allgemein genug sind, um auf viele Situationen anwendbar zu sein.
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Bei Weitem nicht der einzige, aber wohl der verbreitetste Ansatz in der Medizinethik ist die Prinzipienethik nach Beauchamp und Childress, zwei US-amerikanischen Philosophen, die seit den 1970er Jahren dazu gearbeitet haben. Es handelt sich um einen pragmatischen Ansatz ohne Letztbegründungen.
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Gestern haben wir gesehen, dass die Idee von informierter Entscheidung frei von Druck und Zwängen ("informed consent") ursprünglich aus der Forschungsethik und dem Kontext von Humanexperimenten kommt. Heute ist das Konzept auch in der klinischen Praxis zentral.
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Nachdem gestern u.a. die historische Entwicklung der Medizinethik im Fokus stand, geht es heute weiter mit angewandter Ethik in Medizin und Gesundheitswesen. Dazu gehören v.a. zwei Bereiche: Forschungsethik (Probanden- u Patientenschutz, Gute Wissenschaftliche Praxis) und klinische Ethik.
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Bis heute erinnern in @duesseldorf.bsky.social Dauerbauten an die Ausstellung (Tonhalle, Ehrenhof, Rheinterrassen). Im Stadtmuseum Düsseldorf wird es in der zweiten Jahreshälfte 2026 zum 100-jährigen Jubiläum eine Ausstellung mit Ergebnissen aus unserem Forschungsprojekt geben. Wir freuen uns!
Ehrenhof in Düsseldorf: Ein Gebäudeensemble links und rechts, im Vordergrund zwei Personen auf einem Weg vor einem Brunnen, im Hintergrund das Dach der Düsseldorfer Tonhalle
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Marta Fraenkel (1896-1976) arbeitete später in Dresden bei der 2. Internationalen Hygieneausstellung und im Dt. Hygienemuseum. Vor den Nazis floh sie als Jüdin in die USA, wo sie als Medizinalstatistikerin und Public Health Officer arbeitete.
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Organisiert wurde die Ausstellung u.a. von Arthur Schloßmann (den kennt ihr von gestern), gemeinsam mit dem Oberbürgermeister, Industriellen, dem Architekten Wilhelm Kreis (u.a. Dt. Hygienemuseum Dresden). Wissenschaftliche Generalsekretärin (Chefkuratorin) war die 29-jährige Ärztin Marta Fraenkel
Marta Fraenkel: eine junge Frau in OP-Kleidung steht an einem Operationstisch, im Hintergrund stehen Männer in Straßenanzügen und schauen ihr zu.
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Ziele waren die Einleitung eines „Wiedergesundungsprozeßes des deutschen Menschen“ und „der ganzen Welt zu zeigen, mit welchen Mitteln und mit welchem Erfolge das niedergeschlagene und künstlich niedergehaltene deutsche Volk um den Wiederaufstieg kämpft“. (Marta Fraenkel, 1927)
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Neben einer Gesundheitsausstellung war die #GeSoLei auch ein riesiges Volksfest mit Autoscooter, Wellenbad, "Völkerschauen", Restaurants, Getränkeausschank u.v.m. Im Jahr 1926 waren der Erste Weltkrieg und die Besetzung von Rhein und Ruhr durch französische und belgische Truppen noch sehr präsent.
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Die @dfg.de fördert das Projekt für drei Jahre, wir sind drei PIs (Globalgeschichte, Kunstgeschichte, Medizingeschichte), zwei Postdocs und eine Doktorandin. Zentrale Forschungsfrage für uns ist, ob die #GeSoLei als Mikrokosmos der Weimarer Republik und als "demokratisch" verstanden werden kann.
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Eines meiner aktuellen Forschungsprojekte ist zur #GeSoLei, der Großen Ausstellung für Gesundheitspflege, sozialen Fürsorge und Lebensübungen (Düsseldorf, 1926), mit 7,5 Mio Besuchern der größten Ausstellung der Weimarer Republik.
Plakat zur GeSoLei: schwarz-grüner Hintergrund, davor in einem Becken eine Figur halb Hygieia, halb Äskulap. Darunter der Text: Düsseldorf 1926. Große Ausstellung Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Lebensübungen.
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In diesem Kontext gewinnt Ethik-Kodex für Pflegefachperseonen des International Council of Nurses zunehmend an Bedeutung.
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International ist Krankenpflege häufig stärker akademisiert als in Deutschland. Aber auch hier entstehen mehr Studiengänge und die Gründung von Pflegekammern kann als Teil der Professionalisierung der Pflege verstanden werden.
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So heißt es darin etwa seit einigen Jahren: "Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können."
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Seit 1948 gibt es auch das Genfer Gelöbnis des Weltärztebundes, das näher an der Idee des Hippokratischen Eids ist. Auch dies wird regelmäßig überarbeitet.
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Heute sehen auch deutsche Gesetze und europäische Regularien vor, dass Ethikkommissionen konsultiert werden müssen, wie sie zusammengesetzt sein sollen und wie ihre Unabhängigkeit gewährleistet werden kann.
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Seit 1964 regelt die Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes die ethischen Grundsätzen für die medizinische Forschung am Menschen. Sie wird etwa alle zehn Jahre überarbeitet, nimmt neue Impulse auf und fordert bspw seit 1975, dass Forschungsethikkommissionen konsultiert werden sollen.
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Auch nach 1947 wurde häufig gegen den Nürnberger Kodex verstoßen, über die Jahrzehnte wuchs aber das Verständnis, dass Probanden- und Patientenschutz nicht nur ethisch geboten, sondern auch wichtig für die Akzeptanz biomedizinischer Forschung in der Öffentlichkeit sind.
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Mit den Urteilen des Nürnberger Ärzteporzesses 1947 wurde der Nürnberger Kodex veröffentlicht, der u.a. die freiwillige, informierte und verständige Zustimmung der Versuchsperson fordert ("informed consent"), wenn Humanexperimente durchgeführt werden sollen.
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Die meiste Forschung war aber praktisch und an militärischen Fragestellungen orientiert, wie zB die Unterdruck- und Kälteversuche im KZ Dachau. Hier sollte die Überlebenswahrscheinlichkeit von Luftwaffenpiloten erhöht werden. Die Leben der Gefangenen waren Ärzte dabei bereit zu Opfern.
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Trotzdem schufen die Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern Räume, in denen tödliche Forschung an Menschen ohne deren Einwilligung möglich wurde. Am bekanntesten ist wahrscheinlich Josef Mengeles genetische und anthropologische Forschung im KZ Auschwitz.
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Seit 1900 gab es in Preußen, seit 1931 im Deutschen Reich Regeln, nach denen an Menschen nur nach Aufklärung und Einwilligung geforscht werden durfte. Für Kinder mussten die Erziehungsberechtigten konsultiert werden, die "Ausnutzung sozialer Notlagen" war verboten.